Wie wird man Ordnungscoach, gibt es dafür überhaupt eine Ausbildung? Das werde ich häufig gefragt. Dieser Beruf wird immer bekannter, da sich viele Menschen in unserer hektischen und unsteten Welt nach Ordnung, Struktur und Klarheit sehnen. In diesem Artikel erzähle ich Ihnen meinen Weg. Sie erfahren, welche Voraussetzungen und Motivation ein Ordnungscoach mitbringen muss und was für Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten es gibt.
1. Motivation
Als Teenager war ich total unordentlich. Ich zog mich am liebsten in mein Zimmer zurück, um zu lesen oder laut Musik zu hören. Ob es schmutzig und unaufgeräumt war, war mit egal. Wie sich das ins Gegenteil verkehrt hat, weiss ich gar nicht mehr genau. Aber in meiner Lehre zur Buchhändlerin habe ich den Sinn von Ordnung verstanden und gerne umgesetzt. Ab dann hätte ich bei Leuten zuhause am liebsten die Bücherregale aufgeräumt… Durch einige Umzüge wurden meine Besitztümer immer weniger und ich liebe unsere Wohnung, die funktional aber dennoch gemütlich eingerichtet ist.
Persönliche Motivation
Meine Motivation, als Ordnungscoach zu arbeiten, ist daher ganz klar: Ich möchte Menschen dabei unterstützen, durch Loslassen, Strukturieren und Ordnen mehr Klarheit und Übersicht zu gewinnen. Dadurch muss man weniger Zeit für Hausarbeit aufwenden und ein geordnetes und aufgeräumtes Umfeld beruhigt die Sinne und kann sogar Stress reduzieren. Als Bibliothekarin räume ich am liebsten Büchersammlungen auf und organisiere Arbeitsplätze, aber mein Herzblut hängt an der Arbeit mit älteren Menschen, die ihren Besitz aus verschiedenen Gründen reduzieren müssen oder wollen.
Verschiedene Erfahrungen
Viele Ordnungscoaches spezialisieren sich aufgrund von persönlichen Erfahrungen oder dem Erstberuf. Sei es die Arbeit mit Menschen mit ADHS oder mit Messies. Oder sie helfen nach dem Reduzieren noch bei der Einrichtung der Wohnung oder dem Zusammenstellen einer Capsule Wardrobe. Psychologisch geschulte Kolleginnen bieten emotionale Unterstützung beim generellen Loslassen und Aufräumen im Leben.
2. Voraussetzung
Als Ordnungscoach sind Empathie, Geduld, Zuverlässigkeit, Diskretion, Sinn für Ordnung, Planung und Ästhetik die essenziellen Grundvoraussetzungen. Eine Spezialisierung stellt sich bei den meisten früher oder später heraus, aufgrund von anderen Berufen oder Erfahrungen.
Selbstständigkeit
Sie müssen aber auch bereit sein, sich (Teil-)selbstständig zu machen. Momentan gibt es noch keine Möglichkeit, sich von einer Firma anstellen zu lassen. Viele Kolleginnen, ich inklusive, haben noch eine Festanstellung mit einer kleineren oder grösseren finanziellen Sicherheit, da die Kundinnen und Kunden (noch) nicht bei allen Schlange stehen.
Als Selbstständige mache ich ausserdem alles selber: Administration, Buchhaltung, Marketing, Akquise, Social Media, Website aktuell halten, Blog und Newsletter schreiben, Vorträge, Workshops und online-Produkte entwickeln… Alles neben der Zeit, die ich bei Kundinnen und Kunden bin und verrechnen kann, daher muss der Preis für das Coaching gut kalkuliert werden.
3. Ausbildung
Eine formale Ausbildung zum Ordnungscoach ist für diesen Beruf, der (noch) nicht anerkannt und geschützt ist, nicht zwingend. Aber ich empfehle dringend, eine zu machen, da es Ihnen Sicherheit gibt. Sie erhalten von erfahrenen Ordnungscoaches ganz viel Wissen und müssen dadurch das Rad nicht neu erfinden. Ausserdem ist es ganz einfach professionell. Von Vorteil ist ein bereits erlernter Beruf im Umfeld von Interior Design, Kommunikation, Coaching, Psychologie, Organisation oder Marketing.
Meine Ausbildnerin
Als ich 2019 eine Dokumentation über eine Schweizer Bibliothekarin (!) sah, die sich mit einem Köfferlein von Frankfurt aus zu einer Kundin auf den Weg machte, hörte ich das erste mal von Ordnungscoaching. Was ich schon lange machen wollte, bei Menschen zuhause aufräumen, bekam endlich einen Namen, das hat mich elektrisiert. Schnell habe ich eine für mich geeignete Ausbildungsmöglichkeit in der Schweiz gefunden und mich noch am selben Tag angemeldet.
Ende 2019 konnte ich damals noch vor Ort in einer Kleingruppe bei Martina Frischknecht (Frau Ordnung) starten und habe in kurzer Zeit sehr viel gelernt. Auch nach der Ausbildung sind die ehemaligen Absolventinnen in einem aktiven Netzwerk verbunden und wir treffen uns jährlich:
Frau Ordnung Masterclass
Weitere Ausbildungen im DACH-Raum
Ein weiteres grosses Netzwerk, in dem man sich auch regelmässig trifft, besteht unter den Absolventinnen der Ausbildung von Caroline Bamert:
Feederleicht Zert. Aufräumcoach
Wenn Sie Interesse an Minimalismus haben, können Sie eine 1:1-Ausbildung oder ein Selbststudium bei Selim Tolga buchen:
Minimalismus Aufräumcoach Ausbildung
In Deutschland sehr gross ist die Ordnungswelt, ein Netzwerk von Ordnungscoaches und eine Plattform für Austausch in Gruppen und für Weiterbildungen mit regelmässigen online-Meetings. Die Ausbildung zum Ordnungscoach wird hier angeboten:
Center for Professional Organizers
Bei der aus dem TV bekannten Isabella Franke gibt es ein online-Selbststudium:
Akademie der Ordnung
4. Weiterbildung
Wie in allen Berufen ist Weiterbildung ein Muss und sollte Ihnen Spass machen. Ich lese viele Bücher zum Thema Aufräumen, innere und äussere Ordnung oder Death Cleaning. Im TV, auf YouTube oder mit Podcasts sind viele Kolleginnen und Kollegen aktiv, das ist auch immer interessant für mich. Meine Tipps dazu finden Sie auf meiner Website: Medientipps
Im Berufsverband SwissApo gibt es für Mitglieder online-Vorträge von Expertinnen oder Betriebsbesichtigungen Swiss-APO. Das CfPO bietet neben der Ausbildung auch Weiterbildungen an, alle zwei Jahre wird eine Konferenz organisiert. Die grösste Unterstützung bekomme ich von Kolleginnen aus verschiedenen Netzwerken und dem Berufsverband.
Ergänzende Aus-/Weiterbildungen
Darüber hinaus können Sie natürlich in den schon erwähnten Berufsfeldern wie Coaching oder Interior Design eine Aus- oder Weiterbildung machen. Oder Sie bilden sich in spezifischen Themen wie digitale Organisation, Fotoorganisation, Arbeit mit Seniorinnen und Senioren, mit Familien, mit Messies oder Menschen mit ADHS und/oder auf dem Autismusspektrum weiter. So können Sie für Ihre Kundinnen und Kunden einen Mehrwert bieten.
Fazit
Der Beruf des Ordnungscoaches ist eine erfüllende Möglichkeit, anderen zu helfen, ein aufgeräumtes Leben zu führen. Wenn Sie eine starke Motivation und die grundlegenden Voraussetzungen mitbringen, Leidenschaft für Ordnung haben, eine Ausbildung gemacht haben und bereit für eine Selbstständigkeit sind, steht Ihnen ein Platz in diesem wachsenden Berufsfeld offen.
Wenn Sie weitere Informationen möchten, kontaktieren Sie mich gerne im Kommentarfeld gleich unten.
Ihre Karin Treichler